Employer BrandingEmployer Branding Erkenntnisse und Praxis-Tipps | Headerbild von Blogbeitrag DoDifferent

Employer Branding Erkenntnisse und Praxis-Tipps

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von Antje Runschke

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Als wir vor 12 Jahren begonnen haben, Unternehmen in Sachen Employer Branding zu begleiten, war alles noch neu. Employer Branding war etwas für innovative Unternehmen, die etwas ausprobieren wollten. Heute ist es Pflichtprogramm, auch wenn es noch nicht in allen Unternehmen angekommen ist. Welche Employer Branding Erkenntnisse wir gewonnen haben, erfährt ihr in diesem Beitrag.

12 Jahre, 50 Employer Branding Projekte und viele verschiedene Kunden später, haben wir ein Sammelsurium wertvoller Insights aus diversen Branchen beisammen. Die wichtigsten Employer Branding Erkenntnisse und Praxis-Tipps sind hier zusammengefasst:

1. Erkenntnis: Verständnis schaffen, was Employer Branding wirklich ist

Wir erleben es immer wieder, egal von welchen Unternehmensgrössen wir sprechen, dass das Verständnis, was Employer Branding ist, nicht überall verankert ist. Es geht nicht darum, ein schönes neues fancy Stelleninserat zu schreiben oder die Karrierepage hübscher zu machen. Noch schlimmer ist die Kurzversion des Finanzchefs: «Employer Branding ist dazu da, mehr Leistung aus Mitarbeitenden herauszuholen und passende Kandidat:innen zu tieferen Kosten für das Unternehmen zu gewinnen.»

Nein, Employer Branding betrifft den gesamten Lebenszyklus von Mitarbeitenden: vom Rekrutierungserlebnis über den Onboarding Prozess, Talentmanagement und Personalmanagementaktivitäten bis hin zum Offboarding. Damit wird auch klar, dass Employer Branding von strategischer Natur ist und es eine klare, attraktive und glaubwürdige Arbeitgeberpositionierung benötigt. Letzlich geht es bei Employer Branding um die «heilige Fünffaltigkeit»: Kultur stärken, Reputation aufbauen, Leistungsbereitschaft steigern, gute Mitarbeitende halten und die richtigen Talente gewinnen.

2. Erkenntnis: Der Business Case macht den Unterschied

Oft wird mit Employer Branding losgerannt ohne einen sauberen Business Case. Die Folge: Spätestens der CFO oder die Geschäftsleitung macht einen Strich durch die Rechnung. Wie im Marketing wird Employer Branding oft auch gleichgesetzt mit dem Verbrennen von wertvollem Budget. Das muss nicht sein. Das darf nicht sein. Der erste Ansatz geht über die Gesamtpersonalkosten des Unternehmens. Über den Daumen gepeilt kann man locker mal von CHF 100’000 pro Mitarbeitenden ausgehen – mit leichten Abweichungen je nach Branche. So hat ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitenden 50 Millionen, die jährlich in Mitarbeitende investiert werden.

Frage: Ist dieses Geld gut investiert? Könnte es besser investiert sein, wenn wir davon ausgehen, dass wir Stellen schneller besetzen können, Kosten für Personalvermittelnde wegfallen und die Fluktuation um 10-20% gesenkt wird? Und schon haben wir einen Case. Wer den von Beginn an sauber aufsetzt, hat grosse Chancen, aus einem Projekt eine nachhaltige Erfolgsstory zu zimmern.

3. Erkenntnis: Die richtigen Stakeholder involvieren und an Bord

Ohne das Top-Commitment der Geschäftsleitung und/oder des Verwaltungsrates wird Employer Branding scheitern. Bevor man sich also Gedanken über die Positionierung als Arbeitgeberin, der Employer Branding Strategie oder Massnahmen macht, muss sichergestellt werden, dass die Unternehmensleitung Employer Branding will und unterstützt! Das ist ein ganz zentraler Erfolgsfaktor!

Was wir in unseren Employer Branding Projekten auch immer wieder antreffen ist ein unklares Verständnis, wer wofür verantwortlich bzw. wer in Employer Branding zu involvieren ist. Employer Branding ist nicht Aufgabe des HR. Etwa genau so wenig wie der Führung. Wichtig ist, dass ein Kernteam aus Marketing, Kommunikation und HR zusammenarbeitet. Ohne dieses Zusammenspiel wird Employer Branding keine Erfolgsstory. Wenn das Leistungsversprechen des Unternehmens nicht mit den Erfahrungen der Mitarbeitenden übereinstimmt, haben wir den Salat – und zwar den, eines Reputationsschaden. Und das wollen wir definitiv nicht.

Wir empfehlen zudem immer, Mitarbeitende, Ambassadoren (Markenbotschafter:innen) oder Employer Brand Champions ins Employer Branding einzuspannen. Das ist ein Team von meist ca. 20 Mitarbeitenden aus allen Bereichen, Altersgruppen und Funktionsstufen. Dieses Team ist der verlängerte Arm des Kernteams. Es schafft Präsenz auf Social Media, ist präsent an Recruiting-Events oder liefert Porträts und Testimonials für die Karriere-Webseite. Ambassadoren können auch eine erste Anlaufstelle für Kandidat:innen im Recruiting sein. Sie sind die Gestalter:innen von Mitarbeiterevents oder geben dem Kernteam Feedback, wenn es um Anpassungen von Prozessen geht. Gerade im dynamischen Umfeld der sozialen Medien, können Ambassadoren als Influencer Glaubwürdigkeit schaffen. Dies gilt auch für die Gestaltung und den Unterhalt einer lebendigen Community aus Alumnis und potentiellen Kandidat:innen.

4. Erkenntnis: Eine attraktive und glaubwürdige Positionierung erarbeiten

Wer sind wir? Was macht uns einzigartig? Wie unterscheiden wir uns gegenüber unseren Wettbewerbern? Unternehmen stellen sich diese Fragen zu Genüge, wenn es darum geht, Produkte oder Services zu positionieren. Aber als Arbeitgeberin? Das ist für manche noch Neuland.

Es heisst, sich wirklich Gedanken darüber zu machen, was das eigene Unternehmen als Arbeitgeberin ausmacht bzw. in Zukunft ausmachen soll und welche Kultur gelebt wird. Denn flexible Arbeitszeiten oder nette Benefits reichen bei weitem nicht mehr aus, um sich zu differenzieren. Für Schweizer Arbeitnehmer:innen spielt Selbstverwirklichung eine wichtige Rolle im Arbeitsalltag (Studie “ PWC Global Workforce Hopes and Fears Survey 2022“). Das bedeutet zum einen, dass die gelebten Werte und die Kultur für Mitarbeitende stimmig sein müssen. Bitte nicht vergessen: Menschen wirken über Werte und Werthaltungen.

Zum anderen müssen Unternehmen die Bedürfnisse der bestehenden Mitarbeitenden und potentiellen Mitarbeitenden kennen. Ein Grund warum Employer Branding Projekte immer wieder scheitern, ist selbstzentriertes Arbeitgeberdenken und Handeln („Was müssen wir unserer Meinung nach leisten?“) sowie mangelndes Verständnis für die Mitarbeitenden („Was bewegt unsere Mitarbeitenden wirklich?“). Daher gilt: zuhören, miteinander sprechen, hinterfragen und verstehen. Involviert eure Mitarbeitenden!

Und ganz wichtig: Die Arbeitgeberpositionierung muss erlebbar sein. Glaubwürdigkeit heisst das Zauberwort.

5. Erkenntnis: Systematisches Vorgehen anstatt blinder Aktionismus

Wir kennen einen renommierten grossen Betrieb im Gesundheitswesen, der für seine Kampagne mit einer One-Klick Bewerbung und garantiertem Rückruf innert 24 Stunden mit Preisen überhäuft wurde.  Dass auf das Recruiting ein Onboarding folgt und dass dieses Onboarding alles andere als attraktiv oder zeitgemäss war, wurde den Projektleitenden erst klar, als die Frühfluktuation durch die Decke ging. Ein cooler Onboarding-Prozess musste her. Gesagt, getan. Et voilà – die Erkenntnis, dass es mit dem Onboarding alleine nicht getan ist, war schnell da. Die inexistenten Führungsstandards waren nicht gerade hilfreich, wenn es um die Bekämpfung der Frühfluktuation ging.

Der blinde Aktionismus ist der Tod einer guten Arbeitgebermarke. Systematisches Vorgehen spart Zeit und vor allem Geld. Aber es ist gleichzeitig auch der mühsame und steinige Weg, der nicht gleich die grossen Awards einbringt. Rivella hat fünf Jahre hart an der Arbeitgebermarke gearbeitet, bevor erste Erfolge in der Öffentlichkeit sichtbar wurden.

Employer Branding ist eben keine Hau-Ruck-Aktion. Es braucht eine klare Positionierung und Strategie. Erst dann können die Massnahmen systematisch umgesetzt werden. Dabei gilt es, zu beachten, dass sie konsequent auf das Arbeitgeberversprechen einzahlen müssen.

6. Erkenntnis: Erlebnisse gestalten

Wann bist du das letzte Mal für 10 Minuten im Wartebereich deines Empfangs gesessen? Wann hast du dich selbst mal bei deiner Firma beworben? Wie war das Erlebnis? Denke nicht in Prozessen, denke in Erlebnisketten. Wo sind die wichtigen Kontaktpunkte, die eine Kandidatin dazu verleiten den Prozess abzubrechen? Bringe zuerst deine Kontaktpunkte in Ordnung, bevor du an eine Kampagne denkst.

7. Erkenntnis: Die Kommunikation sicherstellen und Wertschätzung leben

Wir sehen leider immer wieder, dass zwei wesentliche Punkte gerne vergessen gehen: Kommunikation und Wertschätzung. Warum wird Employer Branding gemacht? Wer ist involviert? Was passiert wann und warum? Welche Massnahmen werden umgesetzt, für wen und warum? «Tue Gutes und sprich darüber» und das bitte auf Augenhöhe, sodass es alle Mitarbeitenden auch wirklich verstehen.

Auch ein Dankenschön an die involvierten Mitarbeitenden geht oft vergessen! Es muss nichts Grosses sein. Es geht einfach darum, ihnen Wertschätzung entgegen zu bringen. Denn, was wir am Ende wirklich wollen, sind glückliche Mitarbeitende. Sie sind der wesentliche Erfolgsfaktor eines Unternehmens. Und letztlich transportieren SIE die Arbeitgebermarke nach aussen. Sie sind sogenannte Imagebuilder: “The way you treat your employees is the way they will treat your customers “ (Richard Bransons). Sind die Mitarbeitenden begeistert und stolz, dann hast du einen grossen Teil der Arbeit getan.

Fazit

Jede Firma hat einen Employer Brand – ob man will oder nicht. Wer den Kern dieser Marke erkennt und sorgfältig damit Anziehungspunkte entwickelt, wird langfristig gewinnen. Marken können, dank sozialer Medien, schneller

Reichweite und Aufmerksamkeit entwickeln. Die echte Anziehungskraft gegen innen und aussen entsteht aber über beharrliche Kleinarbeit. Da gibt es keine Abkürzung. Fang also an. Lieber heute schon.

Über die Autoren

Antje Runschke - DoDifferent

Antje ist eine Strategin mit tiefgründigem Interesse für Menschen und Organisationsentwicklung. Mit 20 Jahren Erfahrungen im Bereich der Markenführung für nationale und internationale Unternehmen in verschiedensten Branchen kann sie auf fundierte unternehmensstrategische Kenntnisse zurückgreifen. Sie studierte International Marketing und Management und sammelte vielfältige Arbeits- und Lebenserfahrungen in Deutschland, den USA, Spanien und Österreich. Als Trainerin und angehende BSO-Beraterin zeigt sich ihre Leidenschaft für kundenspezifische Organisationsentwicklungsthemen vor allem in der Durchführung von Workshops. Aktives Zuhören trifft hierbei auf ihr konzeptionelles Trainer-Wissen und ihr strategisches Know-how. Antje unterstützt zudem Menschen in deren Persönlichkeitsentwicklung mittels astrologischen Coachings. Sie entdeckt und lernt jeden Tag gern Neues, liebt es in fremde Kulturen und die Natur einzutauchen und ist oft bei Konzerten zu finden.

Christoph Jordi

Christoph begleitet mit DoDifferent seit 2011 Unternehmen aller Grössen und Branchen bei strategischen Personalprojekten. Aktuell beschäftigt er sich neben Employer Branding stark mit digitaler Transformation, Kulturwandel und Agilität im HR. Seine Überzeugung: Die kleinen Dinge machen den grossen Unterschied. Als kreativer Macher bringt er Pfeffer in Workshops und liebt es, komplexe Themen zu strukturieren. Zudem hat er VR Erfahrung und präsidiert seit über 15 Jahren den Stiftungsrat einer grösseren NGO. Christoph war jahrelang Chief Marketing Officer der Winterthur Versicherungsgruppe. Beim AXA Konzern gehörte er als Group Head of Learning & Development sowie als Global Head Organisation Development zum Global HR Board. Seine Arbeitsorte: Zürich, Tokio, Paris.

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