OrganisationsentwicklungDie Digitalisierung führt zum Verschwinden der klassischen Führungsrolle.

Cheflos glücklich

Die Digitalisierung führt zum Verschwinden der klassischen Führungsrolle.

von Christoph Jordi

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Der Chef weiss alles, der Chef kann alles. Ohne Chef läuft gar nichts. Ist das so? Heute werden Chefs ausrangiert. Die Digitalisierung macht’s möglich. Und es gibt Beispiele, die wegweisend sind.

Der traditionelle Chef wird überflüssig

Die Digitalisierung ruft zu mehr Individualisierung und lässt die traditionelle Führungsrolle verschwinden. Das Taxigeschäft läuft traditionell so, dass der Chef in der Zentrale sitzt. Er hat meist selber lange Jahre als Taxifahrer gearbeitet. Er kennt die Kunden, er kennt die Fahrer und er kennt die Region. Auch die Kundenanfragen werden von ihm entgegengenommen und er beurteilt die Qualität seiner Fahrer. Das war einmal.

Modernes Taxi funktioniert ohne Chef. Die Funktion des Chefs wird von Algorithmen übernommen. Die optimale Zuteilung der Fahrer vom Computer berechnet. Die Arbeitszeiten von den Fahrern selbst gewählt. Die Arbeit der Fahrer wird vom Kunden direkt beurteilt. Chef weg. Überflüssig. Die Qualitätssicherung komplett automatisiert. Nicht einmal das Portemonnaie muss der Fahrer bei Dienstschluss in die Zentrale bringen. Alles online erledigt. .

Veränderte Chefaufgaben

Mein Vater war Lagerchef einer grossen Stahlhandlung mit einem weit verzweigten, chaotischen Lager. Seine Funktion baute auf seiner Erfahrung auf, die es brauchte sich in diesem Lager zurechtzufinden. Als ein modernes digitalisiertes Hochregallager eingeführt wurde, war er seinen Job von einem auf den anderen Tag los. Darum setzte er seine grosse Erfahrung fortan als „normaler“ Verkäufer mit direktem Kundenkontakt im hauseigenen Handwerkershop ein.

Was lernen wir? Die herkömmlichen Chefaufgaben werden verschwinden. Informationen verteilen, Arbeit zuweisen und Resultate beurteilen: Diese Arbeiten machen ein paar schlaue Algorithmen besser. Das können Computer lernen, weshalb die klassische Führungsrolle verschwindet.

Individualisierung fordert Umstellung für alle

Der Chef muss also damit fertig werden, dass ihm die sauer verdiente Autorität von einem Computer weggenommen wird. Der Mitarbeitende wiederum muss damit klarkommen, dass ihm Aufgaben von Maschinen zugewiesen werden. Und das erschreckende daran ist, dass ihn diese Maschinen sehr schnell besser und gerechter einschätzen können, als der ehemalige Vorgesetzte. Warum? Weil sie lernen, wie viel und wie schnell der Mitarbeitende zu arbeiten vermag. Kundenfeedback wird direkt integriert. Die Anforderungen an den Mitarbeitenden werden laufend optimiert, sodass die Arbeit individuell auf die Belastungsfähigkeit des Mitarbeitenden abgestimmt werden kann.

Die Mitarbeitenden werden von maschinengesteuerten, selbstregulierenden Systemen getrieben. Aufträge auf die virtuelle Pendenzenliste kommen computergesteuert. So wie wir uns vom Smartphone erinnern lassen, was als Nächstes eingekauft werden muss. Die digitalen Chefs heissen neu Siri oder Alexa. Einmal programmiert erteilen sie freundlich und bestimmt Anweisungen. Etwa so, wie wir das von Navis im Auto kennen. Technologisch perfekt. Prozessoptimiert ohne Wenn und Aber.

Neue Funktionen - neue Führungsrolle

Somit brauchen wir keine Chefs mehr. Was geschieht mit Ihnen? Sie haben hoffentlich Gescheiteres zu tun als zu kommandieren, zu korrigieren und zu kontrollieren. Die traditionelle Führungsrolle hat sich modernisiert und übernimmt nun neue Rollen: Menschen analog vernetzen. Menschen entwickeln und vorwärts bringen. Fachkenntnisse wieder ganz praktisch einbringen. Entdecker der Zukunft sein. Vorbildfunktion im Change ausüben und inhaltliche Führungsrollen übernehmen. Als Querdenker die Organisation und Kunden überraschen.

Fazit

Künstliche Intelligenz wird sich schneller ausbreiten, als wir denken. Unausweichlich. Die Digitalisierung bringt viele Chancen. Und die sollten wir nutzen. Sonst tut es ein anderer.

Eines dürfen wir aber nicht vergessen: Mensch bleibt Mensch. Menschen werden immer nach emotionalen Orientierungspunkten suchen. Digitalisierung hin oder her. Wir brauchen Vorbilder. Und diese Vorbilder werden uns auch in Zukunft am stärksten beeinflussen, ob uns ein Job gefällt oder nicht. Wenn der Chef der Zentrale wieder Taxifahrer ist, kann er seinen Kolleginnen und Kollegen ein Vorbild darin sein, wie man Kunden glücklich macht. Er hat nicht mehr die Führungsrolle im herkömmlichen Sinn. Aber er hat eine weit bedeutendere Funktion für die Firma übernommen, als er je zuvor hatte.

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