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8 Tipps für den erfolgreichen Change Management Prozess

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von Christoph Jordi

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Wie man Wandel zum Scheitern bringt, zeigte Prof. Dr. Peter Kruse schon 2008. Auf dem Blog für HR Today ist es nachzulesen. Diese Stolperfallen haben mich angespornt, daraus die positiven Bausteine für einen erfolgreichen Change Management Prozess aufzulisten.

Kürzlich wurde ich von einem Geschäftsleitungsteam eingeladen. Thema: Wandel voranbringen. «Wir kommen so nicht weiter», sagte die CEO. Ich wollte von jeder und jedem wissen, wo denn der Wurm drin sei. Antwort in Kurzform: Das volle Programm. Fehlende Prozesse, Digitalisierungsdruck, offene Fragen zu New Work, dringender Bedarf nach Organisationsentwicklung, Führungsthemen. Und dazu noch eine Strategie, deren Vision so aalglatt daherkommt, dass sie eigentlich auf fast jede Firma passt. «Was ist ihr Konzept, wie wir vorgehen sollen?», wurde ich gefragt. Der Unterton war deutlich fordernd und etwas ungeduldig. Hier sind meine acht Tipps zum Start.

1. Alle in den Change Prozess involvieren

Der Fisch stinkt vom Kopf, das wissen wir. Und wenn die wichtigsten Führungsgremien sich nicht einig sind, wo die Reise hingehen soll, dann macht es wenig Sinn, die Koffer zu packen. Wandel von unten zu treiben, ist aber auch keine Lösung. Denn das Immunsystem einer Organisation ist wird gegen oben stärker. Also: Oben starten und die Organisation breit mobilisieren. Interne Change Agents rekrutieren. Sich nicht mit den Gruppen aufhalten, die nicht bereit sind, die Komfortzone zu verlassen. Die interne Gruppe von Mitstreiter:innen sollte so aufgestellt sein, dass alle Unternehmensbereiche, Altersgruppen, Hierarchien und Geschlechter gut vertreten sind. Wer die Gruppe als «Ohr» in die Organisation, als Feedback- und Ideengenerationen nutzt und wertschätzt, bringt den Change Management Prozess und die damit verbundene Transformation in Schwung.

2. Konsequent vorwärts gehen

Die konsequente Verfolgung und Durchsetzung der Transformationsziele in der ganzen Organisation ist eine der schwierigsten Aufgaben. Wer A sagt, muss B sagen, heisst es so schön. Wir können also nicht Besserung geloben im Geschäftsalltag und die Mitarbeitenden mit fetten Boni ausstatten, die nach alten Mustern operieren. Das Denken im ganzen Ökosystem ist der Schlüssel. Inkonsequenz ist der mächtige Feind eines erfolgreichen Change Prozess. Die oberste Führungsebene muss dabei als Vorbild vorangehen. Die maximal tolerierte Inkonsequenz ist das echte Mass dafür, ob Wandel funktioniert.

Die Mitarbeitenden, die in Warteposition sind oder dem Wandel kritisch gegenüberstehen, nutzen diese Unstimmigkeiten gnadenlos aus, um die Bewegung auszubremsen.

3. Den Change Prozess kommunizieren

Gerade in Change Prozessen ist die Kommunikation die Mutter des Erfolges. Unsicherheiten abbauen, Angst adressieren, Zweifel ausräumen. Das sind die wichtigsten Elemente. Und wer gut kommunizieren will, muss vor allem eines gut machen: Zuhören. Und das ist manchmal verdammt unangenehm. Die Stänkerer und Zyniker müssen gehört werden. Nur so kann man ihnen den Wind aus den Segeln nehmen. Es gilt, ehrlich zu Misserfolgen zu stehen und öffentlich über Schwierigkeiten zu reden. Natürlich soll und darf man über Erfolge berichten. Sobald man beginnt, Dinge schön zu reden und Erfolge feiert, die bei genauerem Hinsehen unfertige Projekte sind, wird es hingegen gefährlich. Nichts funktioniert in einem Unternehmen besser als der informelle Austausch. Wenn wir da hinterherrennen, haben wir schon mal ganz schlechte Karten. Offensiv, ehrlich, transparent und authentisch zu berichten ist Gold wert.

4. Wertschätzung pflegen

Sag mal Danke! Schreib als Geschäftsleitungsmitglied mal eine persönliche Karte an diejenigen, die sich besonders einsetzen. Einfach mal Präsenz zeigen. Sich kümmern. Sich interessieren. Es ist so einfach und doch so schwierig. Gerade, wenn es nicht nach Plan läuft, fühlen sich die verantwortlichen Projektleitenden oft allein gelassen. Wenn ein Change Management Prozess scheitert, dann oft auch an der Undankbarkeit der Organisation. Hin stehen, hinsehen, helfen. Das sind unheimlich wichtige Signale für die Belegschaft. Sie sagen: Wir nehmen die Sache ernst. Es geht um viel. Es ist uns wichtig.

5. Langsam ist schneller

Ich kenne das aus eigener Erfahrung: Ist das Projekt in der Geschäftsleitung abgenickt, ist es eigentlich schon halb erledigt. Die Entscheidungsgeschwindigkeit in solchen Gremien ist oft markant höher als die Umsetzungsgeschwindigkeit. Wer realistisch plant und wer der Organisation Zeit gibt, sich zu wandeln, ist im Vorteil. Die Angst vor dem Shareholder lässt diese Geduld oft nicht zu. Wandel wird kommuniziert, angestossen mit grossem Brimborium und verfährt sich dann nach wenigen Monaten in den Unendlichkeiten der langen Meetings, unzähliger Workshops und Projektmitarbeitenden, die das Projekt vor allem als Karrierebooster sehen. Wandel braucht Zeit. Kulturwandel noch mehr. Wer das Mindset der Organisation bearbeiten will, braucht Stehvermögen. Solche Veränderungsprozesse werden in der zeitlichen Dimension mehrheitlich komplett unterschätzt. Wer sich Zeit nimmt, ist schneller. Auch wenn es gegen die Intuition läuft.

6. Fehler sind OK

Bei Veränderungsprozessen passieren Fehler. Manchmal sind sie schmerzhaft, unangenehm, peinlich. Das ist OK. Das ist normal. Wichtig: wir müssen darüber sprechen. Fehler zuzugeben ist die beste Option, wenn man aus Fehlern lernen will. Baut sie als Feedbackrituale in euren Prozess ein. Das hilft, Fehler nicht zwei Mal zu machen und schafft für alle die psychologische Sicherheit, die es braucht, um kreative Wege zu finden.
Gute Fehler können den Wandel sogar beschleunigen. Wer Fehler macht, weiss, dass er neben der Spur ist. Und wer neben der Spur ist, sieht klarer, wo es lang gehen sollte. Wer nur Angst hat, Fehler zu machen und darum nichts tut, hat eh schon verloren. Veränderungsprozesse brauchen Mut und Reflexion, um in der Wirklichkeit zu bestehen.

7. Change Prozesse umsetzen

Schlagt Pflöcke ein im Verlaufe eures Wandels. Macht sie für alle sichtbar. Setzt Zeichen. Bleibt hartnäckig dran, Tatsachen zu schaffen, die den Wandel manifestieren. Oft wird in bester Absicht an Dingen gearbeitet, die zwar wichtig sind, aber für grosse Teile der Organisation im Verborgenen vor sich gehen. Überlegt euch, mit welchen Zeichen ihr optimal Reichweite in der Organisation generiert. Schafft die Beweispunkte, die allen zeigen, wie der Wandel zu verstehen ist. Was wir tun und realisieren, ist immer viel lauter als das worüber wir sprechen. Deshalb bin ich eher ein Fan von Tatsachen als ein Fan von gross angekündigten Kulturinitiativen und Change Projekten. Ob ein Change Projekt erfolgreich ist, zeigt sich nicht in coolen Powerpoint Präsentationen. Es zeigt sich in den Tatsachen, die sich für die Organisation und die Mitarbeitenden erlebbar verändert haben.

8. Prozesse und Rituale definieren

Wir haben über Involvement, Kommunikation, Fehlerkultur und Wertschätzung gesprochen. Alle diese Vorsätze können über passende Prozesse und Rituale optimal verstärkt werden. Regelmässige Informationsveranstaltungen. Saubere Retrospektiven. Gute Prozesse, die im Change-Team selbst praktiziert werden, können zum Standard in der Organisation und damit wieder selber ein Zeichen des Wandels werden. Wir bauen hier als also sich selbst verstärkende Elemente ein, die den Wandel weiter beschleunigen und gleichzeitig stabilisieren. Vielfach sind es auch kleine Rituale wie Sitzungseröffnungen mit einem simplen Check-in oder Meet-ups, die für alle zugänglich sind. Einmal mehr gilt auch hier: Die kleinen Dinge machen den grossen Unterschied.

Fazit

In unserem Beispiel hatte ich keine Zeit, der Geschäftsleitung die acht Tipps näherzubringen. Ich will Einzelgespräche führen. Wo drückt der Schuh am meisten? An welcher Ecke beginnen wir zu ziehen? Welche Rolle hat das Leitungsteam? Wie ist das Zusammenspiel? Gespannt bin ich jetzt auf die Rückmeldung. Sind sie bereit für den Booster oder ist es bequemer, die Themen noch etwas vor sich her zu schieben? Bequem wird ein Change Prozess sicher nicht. Ich werde aufsässig sein und unangenehm – ein anstrengender Freund eben.

Über den Autor

christoph jordi dodifferent portrait

Christoph Jordi begleitet mit DoDifferent seit 2011 Unternehmen aller Grössen und Branchen bei strategischen Personalprojekten. Aktuell beschäftigt er sich neben Employer Branding stark mit digitaler Transformation, Kulturwandel und Agilität im HR. Seine Überzeugung: Die kleinen Dinge machen den grossen Unterschied. Als kreativer Macher bringt er Pfeffer in Workshops und liebt es, komplexe Themen zu strukturieren. Zudem hat er VR Erfahrung und präsidiert seit über 15 Jahren den Stiftungsrat einer grösseren NGO. Christoph war jahrelang Chief Marketing Officer der Winterthur Versicherungsgruppe. Beim AXA Konzern gehörte er als Group Head of Learning & Development sowie als Global Head Organisation Development zum Global HR Board. Seine Arbeitsorte: Zürich, Tokio, Paris.

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