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Teamerfolg durch Psychologische Sicherheit

Psychologische Sicherheit Google Team Teamerfolg Netz Seiltänzer

von Teresa Mele

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Was macht ein Hochleistungs-Team aus? Ist es die Teamkonstellation oder gemeinsame Interessen, die ein Team erfolgreich machen? Weder noch – das hat Google herausgefunden. Der wichtigste Faktor ist Psychologische Sicherheit. Das heisst, Risiken eingehen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Hier sind vier Denkanstösse, wie du dein Team stärken kannst.

In den letzten Monaten ist einiges über die Hindernisse und Erfolgsfaktoren virtueller Zusammenarbeit geschrieben worden. Die unerwartete virtuelle Zusammenarbeit, welcher wir alle in den letzten 3 Monaten ausgesetzt waren – und immer noch sind, hat uns immer wieder vor grosse Herausforderungen gestellt. Sie fordert uns nach wie vor. Sie hat uns aus unserer Komfort-Zone gerissen und uns dabei einiges gelehrt. Vor allem hat sie uns eines gezeigt: Was bereits anspruchsvoll war, ist noch anspruchsvoller geworden. Nämlich erfolgreich zusammenarbeiten.

Was mich persönlich daran freut? Endlich beschäftigen wir uns wieder bewusst mit dem Team, dessen Leistung und den Bedürfnissen des Menschen. Der Frage «Welche Kriterien sind für den Erfolg eines Teams verantwortlich?» widme ich diesen Blog. Dabei ist die virtuelle Ebene mal ausgeklammert.

Was macht effektive Teamarbeit aus?

Sogar Google hatte mit dieser Frage zu kämpfen. Das Unternehmen, welches Milliarden mit dem Auffinden von Mustern verdient, hat erfolgreiche Teams beobachtet. Über einen Zeitraum von zwei Jahren haben sie kein Muster gefunden, welches erfolgreiche Teams vereint. Die erste Vermutung liegt nahe: erfolgreiche Teams müssen besondere Fachkompetenzen aufweisen. Oder die Teamkonstellation macht es aus. Das hat sich aber nicht bestätigt. Nach den ersten Anlaufschwierigkeiten hat das Research-Team «Aristotle» begonnen, sich mit Gruppen-Normen, auseinander zu setzen. Als sie den Untersuchungsfokus auf das «WIE» richteten, also wie Teammitglieder miteinander umgehen, machte sich ein Muster bemerkbar. Der wichtigste Faktor, der Teams erfolgreich macht, nennt sich psychologische Sicherheit.

Was Google 2016 herausgefunden hat, ist jedoch bereits einige Jahre alt: Das Konzept der psychologischen Sicherheit ist 1965 seitens Edgar Schein und Warren Bennis als Erfolgsfaktor für Veränderung beschrieben worden. Auch Amy Edmondson unterstreicht seit den 1990er Jahren durch ihre zahlreichen Studien die Relevanz der psychologischen Sicherheit.

Heutzutage ist psychologische Sicherheit wichtiger denn je. In der VUCA-Welt wird von aussen wenig bis keine Stabilität gewährleistet. Darum müssen Teammitglieder von innen heraus eine stabile Arbeitsumwelt schaffen. Wollen wir erfolgreich eine Zukunft mit virtuellen, selbstorganisierten und agilen Kooperationsformen gestalten, so führt kein Weg an der psychologischen Sicherheit vorbei. Ebenso rückt die ganzheitliche Betrachtung des Menschen wieder in den Mittelpunkt.

Was bedeutet Psychologische Sicherheit?

Kurz gesagt: Risiken eingehen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Fühlen sich Teammitglieder sicher und sind sie bereit, Risiken einzugehen und miteinander darüber zu sprechen, so ist die psychologische Sicherheit eines Teams hoch. Und demzufolge auch die Leistung und Innovationskraft des Teams. Ebenso ist es wichtig, dass die Teammitglieder überzeugt sind, dass es auf jede Stimme ankommt und diese von der Gruppe als wertvoll erachtet wird. Die vier Haupt-Elemente psychologischer Sicherheit können wie folgt zusammengefasst werden:

Offen die eigene Meinung formulieren

In einem psychologisch sicheren Umfeld darf alles gesagt werden. Alle dürfen ihre persönliche Meinung äussern sowie die Thesen der anderen in Frage stellen – insbesondere die Meinung der Führungskraft.

Jede Stimme zählt, also trägt jeder gleich viel bei

Das heisst nicht, dass jeder in jedem Meeting denselben Anteil an Redezeit und Input-Leistung haben muss. Jedoch soll sich der Anteil der Beiträge und des Efforts jedes Einzelnen über einen gewissen Zeitraum ausgleichen.

Fehler sind Lernprobleme und nicht Ausführungsprobleme

Das Ziel ist, aus Fehlern zu lernen, sodass wir nicht immer wieder dieselben Fehler machen. Gelingt es uns, ein Klima zu schaffen, in welchem der Arbeitsplatz als Lernfeld angesehen wird, so ist das Ansprechen von Fehlern viel einfacher. Was wiederum zu einer steileren Lernkurve der Organisation führt.

Die Fähigkeiten jedes Einzelnen schätzen und einsetzen

Die Teammitglieder kennen und schätzen die Talente jeder Person im Team. Als Team versuchen sie, die individuellen Stärken optimal zu Gunsten der Teamleistung einzusetzen. Sind diese vier Elemente gegeben, so entstehen in einem Team mehr Beiträge. Dabei werden bewusst mehr Sichtweisen berücksichtigt, was sich in einer hohen Effektivität und mehr Innovationen widerspiegeln kann.

Psychologische Sicherheit aufbauen und stärken

Bis hierhin scheint alles theoretisch verständlich zu sein. Doch wie kann ich als Führungskraft in meinem Team einen Nährboden für psychologische Sicherheit schaffen? Hier sind vier Denkanstösse:

Von der Arbeitsumgebung zur Lernumgebung

Die Arbeitsumgebung erleben wir heute oft als Ort der Ausführung. In Zukunft soll die Arbeitswelt ein Ort des Lernens sein. Als erster Schritt dazu müssen wir Fehler nicht mehr als Probleme, sondern als Ressourcen betrachten. In einer solchen Arbeitswelt stellen sie eine Chance für den persönlichen Reifeprozess und die Entwicklung der Organisation dar. Dadurch sinkt einerseits die Angst, Fehler zu machen. Andererseits steigt unsere Bereitschaft, offen über Fehler zu sprechen. Gelingt dir als Führungskraft dieser Mindshift, so schaffst du den Raum für psychologische Sicherheit. Dabei soll nicht der Eindruck entstehen, das Ziel sei eine kuschlige „Wohlfühl-Oase“.

Wer eine möglichst hohe Teameffektivität erzielen will, muss dafür psychologische Sicherheit mit klaren Zielen verbinden sowie die Teammitglieder motivieren, Verantwortung zu übernehmen. Nur so kann eine hohe Teameffektivität erreicht werden.

In der Begleitung meiner Kunden beim Reframing ihrer Arbeitswelt schaffe ich Platz für die Selbstreflexion. Gerne teile ich dazu drei Fragen:

  • Wie nehme ich meine Arbeitsumgebung wahr?
  • Betrachte ich sie eher als Ausführungs- oder als Lernfeld?
  • Was trage ich konkret zur soeben von mir platzierten Antwort bei? Was sind meine Beweggründe dafür?

Nähe zulassen und Befindlichkeiten teilen

Als Führungskraft nahbar sein und auch Schwäche zeigen sind die wichtigsten Kriterien, um psychologische Sicherheit aufzubauen. Frage dich, wie oft du über deine eigenen Schwächen oder Unsicherheiten mit deinem Team sprichst. Warum ist das so? Versuche bei der nächsten Herausforderung, deine Unsicherheiten mit dem Team zu teilen. Du wirst überrascht sein, was das mit deinem Team machen wird.

Interessiert und neugierig durch den Tag gehen

Fragen stellen und neugierig sein ermöglicht dir jeden Tag, Neues zu entdecken, Dabei lernst du deine Teammitglieder besser kennen und schaffst Nähe zu deinem Team. Ebenso sehen deine Teammitglieder, dass es erlaubt und willkommen ist, mutig Fragen zu stellen – Interesse und nicht der Kontrolle wegen. Durch das gemeinsame Erkunden eurer Umwelt lernt ihr euch besser und von anderen Seiten kennen und lernt voneinander. So legt ihr gemeinsam, Tag für Tag, wichtige Meilensteine für ein gemeinsames Reframing eurer Arbeitswelt.

Das Ganze gibt’s auch für mutige Anfänger – ich empfehle meinen Kunden in diesem Zusammenhang unsere D!eep-Talk-Karten. Sie eignen sich sehr gut, um gemeinsam spannende, freche und anregende Fragen bei einem Team-Meeting-Check-In oder -Out zu beantworten. Das Stellen und Beantworten der Fragen ermöglicht einen Einblick in die Welt jedes Einzelnen und trainiert zudem das Äussern seiner Meinung zu nicht alltäglichen Themen.

Wer Reframing für Fortgeschrittene betreiben will, kann zum Beispiel ein fixes Team-Sitzungs-Traktandum mit dem Titel „Was habe ich aus meinem letzten Fehler gelernt?“ einführen. Oder ihr wagt Grosses und führt fixe „Fuck-up-Sessions“ im Team ein. Noch besser natürlich in der Abteilung oder sogar abteilungsübergreifend.

Fazit: Psychologische Sicherheit ist ein Muskel, welcher trainiert werden will!

Fange klein an – aber fange an und bleibe dran!

  • Sprich das Thema psychologische Sicherheit an. Teile offen mit deinem Team, was dich beim Lesen dieses Blogs gefreut, beschäftigt oder zum Denken angeregt hat?
  • Führe mit deinem Team eine Standortbestimmung bezüglich eurer psychologischen Sicherheit durch. Frage sie, wie sicher sie sich im Team fühlen? Und was die Begründung für Ihre Antwort sind.
  • Führe eine Talent-Messe ein. Jedes Teammitglied stellt seine Talente vor (es dürfen auch Talente sein, die wenig bis gar nichts mit der beruflichen Tätigkeit zu tun haben). Bespricht im Anschluss, was ihr voneinander erfahren habt, was ihr noch nicht wusstet. Gibt es Talente, welche ihr bis anhin im beruflichen Kontext nicht eingesetzt habt – aber spannend für euch als Team wären? Was könnt ihr noch voneinander lernen?

Hast Du Fragen zur psychologischen Sicherheit? Oder willst Du eine individuelle Einschätzung deines Teams zur psychologischen Sicherheit vornehmen? Ich bin gespannt auf deine Meinung und freue mich auf Kommentare und einen inspirierenden Austausch. Das kann hier im Kommentarfeld sein, via Mail oder bei einem Kaffee im D! Büro in Wiedikon.

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