UnternehmenskulturCultural Fit & Fachkräftemangel - DoDifferent

Cultural Fit & Fachkräftemangel: Was nicht passt, wird passend gemacht?

Cultural Fit & Fachkräftemangel - DoDifferent

von Melina Marte

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Cultural Fit – in Zeiten des Fachkräftemangels oftmals ein Faktor, der ein wenig auf die Seite geschoben wird. Unternehmen gehen Kompromisse ein, um schnellstmöglich offene Positionen zu besetzen. Nachvollziehbar und dennoch schwierig. Denn gerade im intensiven Wettbewerb um die Best Talents sorgt ein guter Fit für nachhaltigen Erfolg. Und das auf beiden Seiten.

«Irgendwie hat’s einfach nicht gepasst.» Wenn Mitarbeitende mit dieser Aussage gekündigt haben, ist dies oftmals ein Indikator dafür, dass der Cultural-Fit-Funke nicht übergesprungen ist. Doch auch für Unternehmen wird es immer wichtiger, dass eine Person zu ihnen passt. Aber was machen wir, wenn unsere Auswahl an passenden Kandidat:innen eher klein ist? Wie entscheiden wir in Zeiten des Fachkräftemangels? Geht Fachkompetenz vor Cultural Fit, oder umgekehrt? Wir kommen auf diese Frage zurück. Zuerst klären wir jedoch die Begrifflichkeit für alle, die mit diesem englischen Buzzword noch nicht so viel am Hut haben.

Cultural Fit - was heisst das?

Lassen wir den Begriff Cultural Fit von ChatGPT ins Deutsche übersetzen, kommt «kulturelle Übereinstimmung» dabei heraus. Der Ansatz hinter diesem Begriff ist, dass wir uns nicht nur damit beschäftigen, welche Mitarbeitenden die nötigen Fachkompetenzen mitbringen, sondern auch von ihrer Person oder eben kulturell in unser Unternehmen passen.

Der Cultural Fit zielt also darauf ab, dass es bei der Auswahl der passenden Kandidat:innen nicht mehr rein um die sogenannten Hard Skills geht. Es war nie entscheidender wie in der heutigen Zeit, dass die Wertvorstellungen der Kandidat:innen mit denen des Unternehmens übereinstimmen – auch umgekehrt. Im Zentrum stehen dabei gemeinsame Normen, Ziele, Werte, ähnliche Vorgehensweisen, Erwartungen und auch der Führungsstil. Also die Unternehmenskultur.

Aber Achtung: Die Idee ist nicht, ein rein homogenes Team zusammenzustellen, das stets die gleichen Ansichten teilt. Denn auch das kann zu negativen Folgen wie Betriebsblindheit oder einem eingeschränkten Lösungshorizont führen. Last but not least: Wer meint, man würde den Cultural Fit an der Herkunft einer Person festmachen, hat den Sinn nicht verstanden. Alter, Migrationshintergrund und sexuelle Orientierung haben rein gar nichts mit Cultural Fit zu tun. Es geht um die Einstellung zur Arbeit, die Arbeitsweise und den zwischenmenschlichen Umgang.

Warum ist Cultural Fit wichtig?

Nicht selten höre ich auch in meinem privaten Umfeld Sätze wie «Ich brauche Leute, welche die offene Stelle besetzen – Cultural Fit hin oder her». Was aber viele vergessen: Gerade für Unternehmen, die darauf angewiesen sind, teure Fehleinstellungen zu vermeiden und wirklich passende Kandidat:innen ins Boot zu holen, gewinnt der Cultural Fit stark an Bedeutung. Auch eine Studie von Stepstone über Arbeitgeberattraktivität bestätigt, dass eine passende Unternehmenskultur zu den Top-5-Kernkriterien bei der Jobauswahl gehört. Hier einige positive Folgen davon, wenn du dein Perfect Match gefunden hast:

  • Cultural Fit für Mitarbeiterbindung: Mitarbeitende zu halten war noch nie so wichtig wie heute. Der Cultural Fit spielt dabei eine zentrale Rolle. Wird dieser Fit berücksichtigt, führt dies zu zufriedeneren Mitarbeitenden und damit auch zu einer höheren Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber. Schliesslich teilen sie die gleichen Wertvorstellungen, sind vom Purpose überzeugt und wollen Teil der Vision sein. Und das längerfristig. Erst neulich habe ich mich für einen Kunden mit ausgetretenen Mitarbeitenden ausgetauscht und da war die fehlende Identifikation mit dem Arbeitgeber ein effektiver Grund für den Austritt. Somit geht folgende Rechnung schon auf: Cultural Fit < tendenziell glücklichere Mitarbeitende < geringere Fluktuationsrate.
  • Cultural Fit für Produktivität & Innovation: Wenn Mitarbeitende sich mit den Werten und Zielen eines Unternehmens identifizieren können, sind sie motivierter und arbeiten produktiver. Sie bringen sich lieber ein, teilen ihre Ideen und suchen selbstständig nach Lösungen. Ein kleiner Insight aus unserem Alltag: Gerade in Kundenworkshops rund um das Thema Werte ist es immer wieder faszinierend zu sehen, wie die Teilnehmenden aufblühen, wenn wir gemeinsam Werte definieren, die eigenständig sind und auch wirklich zum Unternehmen passen. Tatendrang und Motivation kommen auf, um Veränderungen mit vollem Verantwortungsbewusstsein in Angriff zu nehmen und die Werte noch erlebbarer zu machen.
  • Cultural Fit für Employer Branding: Die Pro-Argumente für den Cultural Fit zahlen gleichzeitig ins Employer Branding ein. Und das ist kein Zufall. Immer wieder führen wir unseren Kund:innen vor Augen, wie wichtig die Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmenskultur als Basis für erfolgreiches Employer Branding ist. Nur Unternehmen, die wissen, welche Werte sie vertreten, was ihr «Warum» ist und wohin ihre Reise gehen soll, können sich eine starke Arbeitgebermarke aufbauen und sind damit in der Lage, die Best Fits anzusprechen. Darüber hinaus sorgt der Cultural Fit dafür, dass die Mitarbeitenden zu sogenannten Markenbotschafter:innen werden und somit auch ein wichtiger Bestandteil im Recruiting-Prozess sind.

Und wenn der Fachkräftemangel einschlägt?

Wenn es um den Cultural Fit geht, macht es der Fachkräftemangel den Unternehmen nicht gerade einfach. Er sitzt den meisten im Nacken und zwingt sie bei der Auswahl von Bewerbenden, Kompromisse einzugehen. Denn der Wettbewerb um die besten Fachkräfte ist intensiv, und die idealen Kandidat:innen zu finden, kein Zuckerschlecken. Diese Umstände bringen Unternehmen teilweise dazu, den Cultural Fit etwas zu vernachlässigen, um die dringend benötigten Skills in ihr Team zu holen à la «die Fachkompetenz muss passen und der Cultural Fit kommt von selbst». Die Erfolgschance: Fifty-fifty. Wenn man Glück hat, finden sich die neuen Mitarbeitenden trotz anfänglicher Schwierigkeiten schnell im neuen Unternehmensgefüge zurecht, können sich mit der Kultur rasch identifizieren und werden im Best Case selbst zu Kulturbotschafter:innen. Und wenn man Pech hat, endet die Einstellung in kürzester Zeit wieder in einer offenen Stelle. Auf dem Weg dahin hat man vielleicht noch bestehende Mitarbeitende verärgert, ist im verantwortlichen Projekt nicht vorangekommen und hat einen beträchtlichen Haufen an Ressourcen verschwendet. Ergo: Fehlendes Fachwissen kann man leicht erlernen. Wenn’s aber im Team hapert oder man sich null mit den Unternehmenswerten identifiziert, wird es schwer, die erwartete Leistung zu erbringen – selbst, wenn man fachlich höchst kompetent ist.

Die goldene Mitte: Fachkompetenz und Cultural Fit in Balance

Beim Dilemma «Fachwissen vs. Cultural Fit», gerade im heutigen Kampf um die besten Talente, ist der beste Weg, der Mittelweg. So oder so gibt es aber keinen Ausweg, sich mit dem Purpose, der Vision und den Werten innerhalb des Unternehmens zu beschäftigen. «Start with why», wie es Simon Sinek so schön sagt. Es hilft, klare Kriterien für ein zukünftiges Cultural-Fit-Profil zu definieren. Ein solches Profil kann kulturelle Merkmale und Qualitäten der bewerbenden Person beschreiben und als Leitfaden für das Recruiting dienen, um den sogenannten Fit zwischen Kandidat:in und der eigenen Unternehmenskultur zu bewerten. À propos Recruiting: Vor allem in diesem Prozess gibt es viele Möglichkeiten, um eine Balance zwischen der benötigten Fachkompetenz und dem Cultural Fit sicherzustellen. Hier ein paar Beispiele:

  • Stellenausschreibung resp. Online-Auftritt

Stell Bewerbenden Informationen über deine Unternehmenskultur zur Verfügung! Plant ihr regelmässige Creative-Sessions, wo ihr bereichsübergreifend Ideen austauschen könnt? Habt ihr ein starkes Mentoring-Programm, um euer berufliches und persönliches Weiterkommen zu fördern? Oder macht ihr einmal im Jahr einen gemeinsamen Ski-Ausflug, der immer ein Highlight-Event darstellt? Ab damit auf eure Karriereseite und ins Stelleninserat! Geben wir potentiellen Kandidat:innen bereits einen Einblick in unsere Kultur, hilft es ihnen ein Bild vom Unternehmen zu bekommen und sich zu entscheiden, ob das ein Match sein kann, bevor sie sich bewerben.

  • Bewerbungsgespräch

Führe strukturierte Gespräche durch, die darauf abzielen, den Cultural Fit zu bewerten! Stelle Fragen, die auf die Werte, die Teamdynamik und die Unternehmenskultur abzielen, um die Kandidat:innen besser zu verstehen, z.B. «Was motiviert dich im Job?» oder «Welchen Stellenwert hat Teamarbeit für dich?». Mithilfe von Tools oder Methoden wie Lego Serious Play kannst du ebenfalls gut herausfinden, ob Kandidat:innen zu eurer Kultur passen. Daneben: Involviere aktuelle Mitarbeitende mit in den Bewerbungsprozess. Bitte um Feedback bei der Bewertung des Cultural Fit. Dies kann wertvolle Einblicke liefern und sicherstellen, dass bestehende Teamgspändlis sich vorstellen könnten, mit der neuen Person zusammenzuarbeiten.

  • Onboarding

Investiere in ein integratives Onboarding! Gerade wenn neue Mitarbeitende (noch) nicht der perfekte Cultural Fit sind, ist die Einarbeitung und Integration ins Unternehmen umso wichtiger. Wie wäre es z.B. mit einem Welcome Day, wo neue Mitarbeitende alle Bereiche und Teams, die Unternehmensvision und Ziele sowie die gelebte Kultur und Arbeitsphilosophie kennenlernen? Oder falls ihr nicht die Massenrecruiter seid, wendet das Götti/Gotti-Prinzip an und ernennt jemandem aus dem Team, der die Neuen an die Hand nimmt (natürlich nur im metaphorischen Sinne). Gemeinsame Z’Mittag-Pausen (z.B. Mit Lunch-Lottery) oder die Option, einen halben Tag irgendwo reinzuschnuppern, ermöglichen es, die Dynamik sowie Normen und Abläufe im Unternehmen besser zu verstehen und sich schnell einzugrooven. Und zum Schluss: Auch in dieser Phase des Employee Life Cycles macht es Sinn, Rückmeldungen von Mitarbeitenden einzuholen. So könnt ihr bewerten, ob die Kombi aus Qualifikation und Cultural Fit auch bei nächsten Stellenbesetzungen effektiv ist.

Fazit

Ob sich nun ein No-Cultural-Fit (aber mit ausgezeichneten Hard Skills) zu einem Perfect-Cultural-Fit ummodeln lässt, wage ich zu bezweifeln. Nichtsdestotrotz glaube ich, macht die Balance das perfekte Match – auch in Zeiten des Fachkräftemangels. Unternehmen müssen für sich eine ausgewogene Herangehensweise finden, die es ihnen ermöglicht, ihre Unternehmenskultur zu bewahren und gleichzeitig qualifizierte Fachkräfte einzustellen. Bevor man seine Unternehmenskultur jedoch bewahren kann, muss man sie zuerst identifizieren. Dieser Schritt bleibt unerlässlich im Kampf um die besten Fachkräfte. Darum: Start with why! Am besten früher als später.

PS: Und falls du bei der Definition euer Zielkultur noch Wegbegleiter:innen benötigst, dann melde dich bei uns. Wir helfen dir, einen Kulturcheck durchzuführen, eine erlebbare Wertewelt zu konzipieren oder eigenständige Kulturindikatoren zu erstellen.

Über die Autorin

Melina Marte

Als Projektleiterin unterstützt Melina das DoDifferent Team in der Organisation von Workshops, der Kommunikation und in Social Media. “Communicare” – das liebt Melina. Aus diesem Grund hat sie sich nach einer Stelle im Organisations- und Eventbereich für ein Kommunikationsstudium entschieden. Voller Elan setzt sie nun dieses Wissen und Handwerk tagtäglich in die Tat um. Neuen Herausforderungen stellt sich Melina gern, denn Langeweile kann sie gar nicht leiden. Zu ihren Stärken zählt sie die Teamfähigkeit. Sie hat ein Gespür für gute Zusammenarbeit und liebt es im Austausch mit anderen zu sein. Sie ist überzeugt, dass erfolgreiche Lösungen im Miteinander entstehen. In ihrer Freizeit gehört das «uswärts ässä goh» zu einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen, da sie sich für Kulinarik begeistert. Egal ob in einem neuen Land, einem neuen Restaurant oder Zuhause, sie liebt es verschiedenste Gerichte aus aller Welt zu verkosten.

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