Employability: Warum Mitarbeitende 45+ gefordert sind

von Christoph Jordi

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In der Employability-Küche steht junges Gemüse in den Rezeptbüchern der HR Marketing Community zuoberst auf dem Menüplan. Keine Anstrengung und keine Ausgabe zu gross im Kampf um frische Köpfe am Talentemarkt. Hochschulabsolventen sind heiss begehrt. Wenn dann noch MINT draufsteht, dann ist das besser als jedes Bio Label. Dabei geht die Grundregel jeder guten Menüplanung vergessen. Niemand kümmert sich um das Material, dass bereits in der Küche vorhanden ist: Die alten Pfannen.

Beim Thema Employability resp. Arbeitsmarktfähigkeit sind die alten Pfannen die Mitarbeitenden über 45. Mitarbeitende, die im Unternehmen oft als Last empfunden werden. Sie stehen Innovationen im Weg, sagt man. Sie sind unflexibel und resistent gegen Weiterbildung, lautet das Vorurteil. Ausserdem sind sie teuer, sagt der Finanzchef. Trotzdem bin ich von einem komplett überzeugt: Die Arbeitsmarktfähigkeit von Mitarbeiter über 45 muss in den Angriff genommen werden, wenn es um Employer Branding der Zukunft geht.

Ab 45+ wird Employability ein Thema

In Unternehmen wächst die Anzahl der Mitarbeitenden über fünfundvierzig. Die Generation X. Die Baby Boomer stehen vor dem Rentenalter. Die umgekehrte Pyramide der demografischen Entwicklung bildet sich auch in den Unternehmen ab. Wenn wir als diese Erkenntnis mit der aktuellen Wirtschaftslage und den damit verbundenen Herausforderungen an die Unternehmen kombinieren, ergeben sich spannende Einblicke.

Wie stehts um die Arbeitsmarktfähigkeit von Mitarbeitenden Ü45?

Mitarbeiter 45plus sind in der Regel treu, haben sehr solide Berufserfahrung und gut ausgebaute Netzwerke. Sie sind keine Digital Natives, hingegen wissen sie noch, wie eine Schreibmaschine funktioniert. Manche Sparrunden und Reorganisationen haben sie überstanden und einige Chefs kamen und gingen. Wandel ist ihnen also nicht fremd. Manche haben sich in den letzten Jahren eifrig an Hochschulen weitergebildet. Nun stehen sie am Ende der Karriereleiter. Es stellt sich die Frage: Was soll ich noch? Viele Junge mögen schneller sein, aber sie kennen auch die Abkürzungen.

Die Generation X fällt durchs Weiterbildungsraster

Mitarbeitende über 45 lässt man gerne links liegen, wenn es um interne Weiterbildung geht. An Innovationsworkshops lädt man lieber die Jungen ein. Erfahrung wird zu Gunsten von „Jetzt machen wir’s anders!“ beiseite gewischt. Es gibt keine Karriereformen, die es erlauben Tempo rauszunehmen, ohne das Gesicht zu verlieren. „Wurde Meier degradiert?“, wird in der Kantine geflüstert, wenn sich Meier entscheiden würde, seinen Chefposten zu Gunsten eines 80% Pensums freizugeben. Das ist frustrierend. Dieser Frust führt dazu, dass man sich nur noch auf die vorzeitige Pensionierung freut. Nur: Vorzeitige Pensionierungen werden in Zukunft die Ausnahme sein. Die finanzielle Ausstattung unserer Pensionskassen lassen im aktuellen Zinsumfeld solche Vorzugsbehandlungen nicht mehr zu. Mitarbeitende 50+ müssen sich auf eine lange Durststrecke einstellen. Gleichzeitig verlangt der Wettbewerb höchste Flexibilität, Agilität und Mitarbeitende, die sich auf neue Berufsbilder einstellen können und mutig auf neue Herausforderungen zugehen.

Wo Employability-Erfolge ansetzen

Und so geht’s: Unternehmen laufen Gefahr einen wichtigen Teil ihrer Belegschaft zu Bremsklötzen zu degradieren. Wem es hingegen gelingt die Mitarbeitenden über 45 zu mobilisieren, der hat ein riesiges Potential vor sich. Was es dazu braucht? Wertschätzung, neue Karrieremodelle, strukturierte Laufbahnplanung und Entwicklungsmöglichkeiten. Die gezielte Förderung der Arbeitsfähigkeit (Workability) und der Arbeitsmarktfähigkeit der Mitarbeitenden über 45 sind zentrale Erfolgsfaktoren. Junges und frisches Gemüse ist gewiss attraktiv und in der Zusammenarbeit spannend, weil man sich selbst ja auch immer wieder etwas jünger fühlt. Das grösste Potential in der Gewinnung zusätzlicher Wertschöpfung über die Mitarbeitenden liegt aber bei den alten Pfannen. Den vermeintlich unattraktiven Zielgruppen, die schon lange Teil unserer Unternehmen sind.

Fazit

Erste Unternehmen haben damit begonnen sich intensiv mit diesen Zielgruppen zu beschäftigen und werden in ihren Anstrengungen von Hochschulen bestätigt. Andere machen immer noch Hochschulmarketing und merken nicht, was hinter ihrem Rücken passiert. Junges Gemüse ist gut, aber wir brauchen die alten Pfannen, wenn es darum geht, die Rezepte der Zukunft zu kochen.

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