StrategieberatungHR Trends Arbeitswelt 2021

HR- und Arbeitswelt-Trends 2021

HR Trends Arbeitswelt 2021

von Christoph Jordi

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Wir werfen wieder einen Blick in die Zukunft. Wie hat sich Covid auf die Arbeitswelt ausgewirkt? Welche Veränderungen kommen im HR auf uns zu? Hier sind die wichtigsten Arbeitswelt- und HR Trends 2021.

HR-Trend 1: Neue Arbeitsformen

Dringlichkeit *****
Erfolgsrelevanz *****
Schwierigkeitsgrad *****

Dieser Trend ist sicher der offensichtlichste. Der langweiligste. Aber auch der match-entscheidende. Waren neue Arbeitsformen, getrieben durch COVID 19, im letzten Jahr ein Abenteuer, so gilt es nun, neue Arbeitsformen in den Post-Covid-Alltag zu transferieren. Neben der Herausforderung, dass gewisse Mitarbeitende lieber im Homeoffice bleiben oder Büroräume plötzlich überflüssig werden, gibt es noch ein paar andere Dinge zu regeln. Meist sind sie in der Hitze des Gefechtes untergegangen. Die Fragen lauten: Wie regeln wir Homeoffice? Wie läuft die Zielkontrolle in Zukunft? Welche Meeting-Standards gelten? Welche neuen Anforderungen stellen wir an Führungskräfte? Wie regeln wir die Rekrutierung? Und wie die Arbeitszeiterfassung? Wenn wir bis jetzt erfolgreich improvisiert haben, gilt es jetzt Standards zu vereinbaren. Diese Arbeit wird vielerorts noch massiv unterschätzt. Ein «zurück zum Normalbetrieb» gibt es nicht. Das ist zwar unterdessen den meisten klar. Nun gilt es diese Dinge zu formalisieren, die Chance zum Kulturwandel zu nutzen, neue Organisationsformen einzuführen. Wer diese losen Enden jetzt nicht aufnimmt, wird spätestens gegen Mitte Jahr in Schwierigkeiten geraten.

Arbeitswelt-Trend 2: Anti-Fragilität - Umgang mit Komplexität

Dringlichkeit **
Erfolgsrelevanz ****
Schwierigkeitsgrad ***

Wie bewegen wir uns in einem Umfeld, das wir nicht verstehen? Wie können wir trotzdem richtige Entscheidungen fällen, gut schlafen und mit Zuversicht auf unsere Mitarbeitenden zugehen? Nach Resilienz folgt das neue Modewort «Anti-Fragilität». Wenn Resilienz die Fähigkeit bezeichnet einen Schock zu überstehen, dann steht «Anti-fragile» dafür aus unübersichtlichen Situationen rasch zu lernen und gestärkt aus widrigen Umständen herauskommen. Dieser Persönlichkeitstyp nutzt Widrigkeiten als Training, um sich mit den gemachten Erfahrungen zu stärken. Diese Menschen sind in der aktuellen Situation natürlich extrem gesucht. Und natürlich fragt man sich: Wo findet man sie? Hier ein kleiner einfacher Einblick in die Welt der «Anti-Fragile». Dieses neue Persönlichkeitskonzept kommt aus den USA. Die lange Version hier.

HR-Trend 3: Neue Arbeitsverhältnisse

Dringlichkeit ****
Erfolgsrelevanz *****
Schwierigkeitsgrad **

Wer ein attraktiver Arbeitgeber sein will, bietet variables, individuelles Arbeiten an. Arbeitsverträge sind gut. Verträge, die eine hohe Flexibiltät zulassen, sind besser. Denn: «One Size fits no one». Deshalb: Wir müssen nicht alle Arbeitsverhältnisse gleich ausgestalten. Wer Optionen bietet und diese administrativ elegant abwickelt, ist im Vorteil. Willst du mehr Ferien oder mehr Lohn? Kann ich Arbeitszeiten flexibilisieren oder Benefits abwählen? Wie einfach kann ich meine Stellenprozente anpassen? Kann ich Weiterbildungsbonus sammeln? Oder kann ich in Co-Working Spaces arbeiten? Wer sich hier beweglich und kreativ zeigt, ist als Arbeitgeber im Vorteil.

Arbeitswelt-Trend 4: Ethical Leadership

Dringlichkeit **
Erfolgsrelevanz *****
Schwierigkeitsgrad ***

Mit der heutigen Transparenz kommen Unstimmigkeiten in der Führung schneller ans Licht. Wasser predigen und Wein trinken war schon mal einfacher. Neue Generationen von Arbeitnehmern suchen nach Identifikation, bevor sie sich an einem möglichst hohen Lohn als Auswahlkriterium orientieren. Organisationen mit kommunikativen Dissonanzen in der Führung werden es immer schwerer haben, gute Mitarbeitende zu finden und zu binden. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit Diversity, Lohngleichheit oder ethischen Standards in der Wertschöpfungskette werden sehr viel wichtiger. Aktionäre schauen auf den Corporate Social Responsibility Standard, Kunden auf Nachhaltigkeit und Mitarbeitende auf die Glaubwürdigkeit. Unternehmen wie Patagonia machen solches Verhalten seit Jahren vor und sind sehr erfolgreich darin. Genauso geht es mit dem Standards gegen Innen: Die Glaubwürdigkeit der Prozesse ist genau so wichtig. Wenn Budgetdiskussionen zu innerbetrieblichen Kriegsschauplätzen werden, dann sind wir auf dem Holzweg.

HR-Trend 5: Personalisierung

Dringlichkeit ***
Erfolgsrelevanz ****
Schwierigkeitsgrad ***

Die Digitalisierung läuft vielerorts auch mit Standardisierung einher. Soweit logisch. Gleichzeitig eröffnen sich durch die Menge und die Qualität an Daten grosse Möglichkeiten in der Personalisierung. Kandidaten sollen im richtigen Moment am richtigen Ort «abgeholt» werden. Kampagnen werden individuell auf die Zielgruppe zugeschnitten. Bestimmt wird das durch automatisierte Analysen, die Interaktionen mit unseren Jobplattformen überwachen. Was wir also von Zalando kennen, wird auch in der Rekrutierung Realität. Wer sich einen bestimmten Sneaker auf Zalando anschaut, der wundert sich, dass die nächsten Tage immer genau dieser Sneaker in den Sozialen Medien als Einblenderwerbung auftaucht. Diese Entwicklungen werden auch in der Personalsuche bereits eingesetzt. Und es gibt keinen Grund, dass personalisierte Botschaften nicht auch innerhalb des Unternehmens «programmiert» werden sollen. Warum soll man nicht eine Mail an Mitarbeitende veranlassen, von denen wir wissen, dass sie in die Ferien verreisen? Warum nicht eine personalisierte Mail, die Mitarbeitenden Gesundheitstipps gibt, die in den letzten zwölf Monaten überdurchschnittlich viele Krankheitsabwesenheiten hatten?

Arbeitswelt-Trend 6: Internal Branding

Dringlichkeit *****
Erfolgsrelevanz ***
Schwierigkeitsgrad **

Immer mehr Mitarbeitende werden von der Unternehmenskultur abgekoppelt. Homeoffice ist gut, aber es hat auch einige gewaltige Nachteile. Der Stallgeruch geht verloren. Die Zugehörigkeit. Das Mittagessen mit dem Team fehlt. Der Schwatz mit der Putzfrau oder die Gespräche an der Kaffeemaschine. Damit geht Identität verloren. Diese müssen wir wieder gezielt aufbauen und pflegen. Wenn wir nicht wollen, dass sich unsere Mitarbeitenden von unserer Marke entfernen, dann müssen wir jetzt etwas dafür tun. Es war noch nie so wichtig wie jetzt, die Mitarbeitenden für die eigene Marke zu begeistern. Ihnen Produkte und Dienstleistungen nahebringen, als wären sie die allerbesten Kunden. Identifikationspunkte aufbauen und nutzen heisst das Motto. Tendenziell wird das Büro umso mehr zum Flagship Store. Vielleicht sogar einer, bei dem man mal gerne einen Freund oder eine Freundin mitnimmt? Mit einem eigenen Co-working Café und einer offenen Kantine? Mit kleinen und feinen thematischen Events? Lasst euren Gedanken freien Lauf.

HR-Trend 7: Neuer Fokus für HR

Dringlichkeit ***
Erfolgsrelevanz ****
Schwierigkeitsgrad **

Schon lange auf der Trendliste. Mit wechselndem Blickwinkel: Traditionelle HR-Rollen funktionieren nicht mehr. HR Business Partner ist ein Modell der Vergangenheit. Genau wie die klassische Rekrutierung. Wir haben schon vor zwei Jahren über neue Rollen geschrieben. Wenn wir ehrlich sind, dann beschäftigt sich der Business Partner in den meisten Unternehmen vornehmlich mit operativem Tagesgeschäft und ist weit davon entfernt, strategische Personalaufgaben zu bearbeiten. Anstelle HR Business Partner mit falschen Stellenprofile an operativen Aufgaben verzweifeln zu lassen, sollten wir mal in den Spiegel schauen. Und ehrlich sein. Wir brauchen einen viel stärkeren Kundendienst im HR statt pseudo-strategische Fahnenträger, die sich darüber beklagen, nicht an alle Meetings der Linie eingeladen zu werden.
Das heisst, wir sollten uns auf einen starken (Self-)Service Helpdesk konzentrieren, die Kommunikation ausbauen und auf ein modernes HR Marketing setzen. Dazu kommen einzelne Strategen, die sich mit Organisationsentwicklung auskennen, allenfalls ein Arbeitsweltexperte und jemanden, der etwas davon versteht, wie man kohärente Systeme baut.

Arbeitswelt-Trend 8: New Office

Dringlichkeit ***
Erfolgsrelevanz *****
Schwierigkeitsgrad ***

Im Kontext des internen Brandings müssen wir unsere Arbeitswelten überdenken. Mitarbeitende am Morgen wie Kühe in ihre Arbeitskojen einzulassen? Das ist irgendwie vorbei. Da sind wir uns einig. Mehr Homeoffice, weniger Grund ins Büro zu kommen. Offensichtlich. Also: Unsere Arbeitsräume (früher Büros genannt) müssen sich wandeln. Aus Büros einfach schönere Büros zu machen, bringt auch nichts ausser Kosten. Wir müssen also Arbeitsräume zu Anziehungspunkten machen. Zu Hotspots, zu Orten, wo man gerne ein Selfie macht, weil es einfach so cool ist, da zu sein – wie zum Beispiel der neue Microsoft-Campus in Israel. Zu einem Ort, wo man gerne hingeht, weil es einfach viel spannender ist als von zu Hause aus zu arbeiten. Hier kann ich etwas erleben, etwas lernen und Dinge machen, die zu Hause einfach nicht möglich wären. Dafür stehen für verschiedene Zwecke verschieden ausgerüstete Räume zur Verfügung. Es gibt nicht nur guten Kaffee, sondern auch exzellente kleine Workshops zu verschiedensten spannenden Themen. Zudem darf man auch mal externe Gäste mitbringen. Es gibt einen Kinderhort. Und einen Hundesitter. Eine Abgabestelle für schmutzige Wäsche selbstverständlich. Abends kann ich gleich auch noch die Einkäufe mitnehmen, die während dem Tag geliefert wurden.

HR-Trend 9: Skills statt Jobs

Dringlichkeit **
Erfolgsrelevanz ****
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Wir «besetzen» immer noch Stellen. Stattdessen sollten wir Menschen finden mit Fähigkeiten, die unser Unternehmen weiterbringen. Wir brauchen Menschen, die fähig sind, kreative Lösungen zu finden. Wir müssen jemanden haben, der sich mit rechtlichen Themen im Onlineshopping auskennt. Das heisst, dass wir zuerst nach Skills suchen und diese dann flexibel in den Teams einsetzen, wo sie am meisten Mehrwert für die Organisation schaffen können. So verschwindet unser Spezialist für Rechtsfragen im Online Shopping nicht einfach in der Rechtsabteilung, sondern er wird Projektteams zugeteilt, die gerade ein solches Thema auf der Liste haben. Im umgekehrten Sinne hilft es auch, wenn man beginnt, Skills im Unternehmen zu erfassen und zu «kartografieren». Dafür gibt es schone innovative Tools. Nichts ist verschwenderischer, als Talente im Unternehmen nicht zu nutzen, nur weil sie in der «falschen» Abteilung sitzen. Hier muss ein Umdenken stattfinden. Nur so können wir schwierige Themen schneller lösen und flexibel mit Wandel und Chancen umgehen.

Arbeitswelt-Trend 10: Wertschöpfungsorientierte Organisation

Dringlichkeit ****
Erfolgsrelevanz *****
Schwierigkeitsgrad ****

Holacracy ist ausprobiert, kollegiale Führung auch nicht neu. Organisationsmodelle nach Schulbuch zu implementieren, bringt wenig. Hierarchie zu verteufeln ebenso wenig. Organisationen müssen die Formate finden, die zu ihnen passen. Oft werden wir fehlgeleitet durch die Selbsterfahrung in anderen Organisationen. Fehlgeleitet durch Muster oder Rituale, die an bestimmten Orten viel und an anderen wenig Sinn machen. Titelstrukturen, Privilegien nach Kaderstufe oder eine Geschäftsleitung, die Dinge entscheidet, von denen sie streng genommen wenig Ahnung hat. Nimm deshalb die Wertschöpfungskette eurer Organisation als Massstab. Stell dir die Frage: Wie müssen wir uns aufstellen, um unsere Kunden optimal zu bedienen, Entscheide schnell zu fällen und Prozesse effizient ablaufen zu lassen, Kosten zu sparen? Wohin müssen wir die Entscheidungskompetenzen delegieren, um ein optimales Resultat zu erreichen? Wenn wir Blaulichtorganisationen betrachten, dann brauchen solche Organisationen verschiedene Modelle zu verschiedenen Zeitpunkten. Hohe Prozess- und Hierarchieorientierung in Standardsituationen wie zum Beispiel ein Wohnungsbrand bei der Feuerwehr. Und dann wieder höchste Improvisationskraft und maximale Kompetenzdelegation in der Chaosphase eines komplexen Grossereignisses. Das Festhalten an starren Strukturen hilft also genauso wenig wie das pseudo-religiöse Nacheifern von neuen Organisationstrends. Eine sinnvolle Richtschnur aber bleibt: Wie schaffen wir eine Organisation, die optimale Resultate generiert? Die Orientierung an hierarchischen Kommandostrukturen hat ausgedient. Unternehmensspezifische Lösungen sind gefragt.

HR- und Arbeitswelt-Trends 2021: Fazit

Wenn ich auf letzte Blogs zum Jahresbeginn zurückschaue, dann gibt es viele Trends, die sich akzentuieren oder eine neue Gestalt annehmen. Revolution ist auch in den Trendbeobachtungen eher selten. Was aus unserer Sicht stark zunimmt, ist der Wunsch nach wertschöpfenden Organisationsformen, die neue Dringlichkeit der Mitarbeiterbindung und die Orientierungssuche nach der COVID Krise. Es gibt viele spannende Aufgaben dieses Jahr und darüber hinaus. Packen wir es an!

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