OrganisationsentwicklungUnternehmenskultur ist langsam, Der CEO führt die Kultur an, Kulturschnecke

Change Management: Über Parkplätze und Spielverderber

Unternehmenskultur ist langsam, Der CEO führt die Kultur an, Kulturschnecke

von Christoph Jordi

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Wir müssen endlich unsere Kultur ändern! So schaffen wir die digitale Transformation nie. Change Management muss her. Ein neues Mindset. Schnell. Lass uns ein Projekt aufsetzen und HR übernimmt den Lead. Das kann doch nicht so schwer sein.

Wenn es so einfach wäre! Peter hat als neuer CEO gleich mal die Du-Kultur im Unternehmen eingeführt und auf den Chef Parkplatz gleich beim Eingang mit der Begründung verzichtet: «Ich bin nicht gehbehindert und kann gut ein paar Schritte laufen.» Das schöne Eckbüro hat er dem Finanzchef überlassen. So hat er ein Büro, wo man nicht erst durch das Vorzimmer muss, um den Chef zu sprechen.

Alles nur Show? Wer im Unternehmen eine neue Kultur schaffen will, muss Zeichen setzen. Sie wirken stärker als jede Powerpoint Präsentation. Nur so funktioniert Change Management. In einem anderen Fall hat der neue CEO gleich 50 Mitarbeitende querbeet eingeladen, um Ideen zu sammeln, wie man das Unternehmen vorwärts bringen könnte. Das Hauptanliegen der Mitarbeitenden war schnell klar. Die Entwicklung einer starken Kultur ist die Basis für die Bewältigung der bevorstehenden Transformation. Als Treiber dieser Kultur wurden Kommunikation, Vertrauen und Eigenverantwortung identifiziert. Ein «Kulturprojekt» wurde gestartet. Teams zusammengestellt. Ein externer Berater angeheuert. Workshops wurden durchgeführt. Eigentlich toll. Doch bald kehrte der Wind. In einzelnen Abteilungen «verschwanden» Mitarbeitende. Sie wurden äusserst elegant und geräuschlos «verabschiedet». Die Personalleiterin war für ein paar Wochen auf Tauchstation und der zuständige HR Business Partner sorgte dafür, dass die unterdessen doch zweistellige Anzahl Abgänge möglichst unkommentiert blieben.

Was braucht es, damit sich eine Unternehmenskultur verändern kann?
Hier sechs Tipps:

1. Der Fisch hat einen Kopf

Kulturinitiativen, die nicht vom CEO und von der GL initiiert, getragen und vorgelebt werden, sterben einen raschen Tod. HR ist schnell dabei, die Programmleitung zu übernehmen. Leider aber nicht der ideale Kandidat für den Job. Es geht also darum, möglichst schnell eine interdisziplinäre Taskforce einzuberufen. Neben dem CEO eignen sich Finanzchefs oder COO’s ausgezeichnet als Projektleitende. Sie haben eine hohe Glaubwürdigkeit und können rasch Zeichen setzen.

2. Mitarbeitende an die Macht

Arbeiten Sie mit Botschaftern, mit Multiplikatoren. Schaffen Sie Freiräume. Suchen Sie Mitarbeitende aus, in denen Sie Zukunft, Motivation und Engagement sehen. Nehmen Sie solche, die mit einem positiv kritischen Geist durch das Unternehmen gehen. Dabei ist auch die Einflusskraft dieser Mitarbeitenden wichtig. Sind sie gute Geister im Team? Sind sie gut vernetzt? Die frustrierten, desillusionierten Nörgler sind hier keine Hilfe. Durchmischen Sie Fachbereiche, Erfahrung und Hierarchien.

3. Taten statt Worte

Schreiben Sie nicht über Verantwortung, halten Sie bitte keine Vorträge darüber, wie wichtig gute Kommunikation ist. Tun Sie etwas dafür! Schaffen Sie Tatsachen. Vereinfachen Sie Prozesse. Ich habe ein Unternehmen getroffen, das sich vorgenommen hat, besser mit dem Kunden zu kommunizieren. Die Mitarbeitenden haben sich frei nach dem Motto «Wir sprechen klar und schreiben freundlich» einen eigenen Leitfaden erarbeitet. Er ist für den täglichen Gebrauch nützlich und transportiert ein alltagstaugliches Statement. Oft erlebe ich Projekte, die sich dann sofort auf die Suche nach neuen internen Kommunikationstools begeben und viele Energie darauf verwenden, sich zwischen Yammer, BeeKeeper oder Kaizala zu entscheiden. Oft ist einfach einfach wirkungsvoller.

4. Symbole haben Kraft

Setzen Sie Zeichen. Ändern Sie Rituale. Ein Kunde von uns hat ein lederschweres Nussbaum Sitzungszimmer in einen kreativen Ideenraum verwandelt. Sie legen maximale Sitzungszeiten fest oder starten jedes Meeting mit einem Check-in von Beyond Leadership. Veranstalten Sie regelmässig eine Lunch Lottery, um Leute zusammenzubringen oder nutzen Sie Papiertischsets als Feedbackbögen. Es gibt tausend Ideen und eine Regel: Machen Sie Wandel sichtbar, machen Sie ihn erlebbar.

5. Spielverderber eliminieren

Kultur wird immer definiert über das maximal akzeptierte nicht-tolerierbare Verhalten im Unternehmen. Oft heisst es dann: «Max ist unser bester Verkäufer und wird in zwei Jahren pensioniert – den lassen wir Max sein, auch wenn er rassistische Witze macht.» Sie haben den Max in jedem Unternehmen. Und wissen Sie was? Jeder kennt ihn. Und jeder weiss, dass solches Verhalten stillschweigend toleriert wird. Eliminieren ist ein hartes Wort. Wir konzentrieren uns in den meisten Fällen darauf, die Vorbilder auszuloben und die Störer totzuschweigen. Das funktioniert nicht. Spielverderber sind Gift für ihr System und zehn Mal schädlicher als Vorbilder glaubwürdig sind.

6. Change Management ist kein Projekt

Wer denkt, Kulturwandel ist ein Projekt, hat verloren. Kultur ist eine Schnecke. Sie bewegt sich langsam und stetig. Ein Fehltritt genügt und sie ist tot. Seien Sie vorsichtig: Kultur kann man nicht verordnen. Was sie jedoch können, ist ein Umfeld zu schaffen, wo eine neue Kultur entstehen kann.
Kultur ist Arbeit am ganzen Oekosystem des Unternehmens. Kultur ist ein Orchester. Spielt ein Instrument falsch, dann hören das zuerst die Mitarbeitenden. Immer. Sie sind der wichtigste Indikator. Hören Sie gut zu. Von ihnen erfahren sie zuerst, welches Instrument am meisten falsch spielt.

Fazit

Was beim Parkplatz beginnt, endet dabei wie die Mitarbeitenden in die Gestaltung der Unternehmensstrategie involviert werden. Oder damit, wie eine Leistungsbeurteilung stattfinden soll. Privilegien sind nicht per se schlecht, wenn sie zweckdienlich sind und eine Logik haben. Auch hierarchische Strukturen, die ganz toll funktionieren. Das vergessen wir in einer Welt, wo alles nach Augenhöhe schreit. Jedes Unternehmen ist auch eine Persönlichkeit und jede Unternehmenskultur funktioniert nur so gut, wie sie auch authentisch ist.

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